Dienstag, 20. Dezember 2011

Anti-Hero, Anti Western: Meek´s Cutoff

Ein wunderbarer Film geistert zur Zeit ebenso ziellos durch ausgewählte Programmkinos in Deutschland, wie dessen Protagonisten durch den wilden Westen Oregons im Jahre 1845. Kelly Reichardts großartiger Anti-Western, den Kritiker und Feuilletonisten quer durch die Republik hoch leben ließen, ist nur an wenigen Tagen und in den wenigsten Kinos der Metropolen zu finden. Wie immer eigentlich, wenn man mal einen guten Film sehen möchte! Um so mehr erscheint es wichtig, auch hier für Reichardts Meisterwerk "Meek`s Cutoff" vorzusprechen.
Drei Siedlerfamilien vertrauen sich dem Trapper Stephen Meek an, um eine Abkürzung durch die Cascade Mountains zu nehmen. Dies entpuppt sich schon sehr bald als großer Fehler:
Ihr winziger Track aus drei Planwagen, Pferden und Rindern verirrt sich hoffnungslos in der schier endlosen Felswüste. Die Protagonisten, allen voran eine beeindruckende Michelle Williams, quälen sich mit Hab und Gut durch das Nichts, ohne Ziel und immer knapper werdenden Wasservorräten. Ihr puritanische Bibeltreue erinnert dabei an einen viel zu selten im Kino beschriebenen Leidensweg von Männern und Frauen im so genannten "Wilden Westen". Dabei achten Reichardts Kameraleute immer darauf, die Szenerie aus guter Distanz abzulichten. Es gibt kaum Close-Ups, keine schnellen Schnitte. Ohne eine persönliche Bindung zu den Protagonisten aufzubauen, wird der Betrachter gezwungen, kommentarlos und kühl den hoffnungslosen und teilweise willenlosen Kampf gegen die unendlichen Weiten des noch unbezwungenem Amerikas mit zu verfolgen. "Meek`s Cutoff" zeigt die anti-heroische Seite der amerikanischen Siedlungsgeschichte, die traurig wahre und qualvolle Geschichte eines Landes,dessen Tragödien allzu gern durch Heldentum ersetzt werden. Prädikat: Besonders wertvoll.




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