Samstag, 25. Dezember 2010

Dank MySpace und Konsorten einmal um die halbe Welt

Es ist unglaublich. Es ist Weihnachten, in Deutschland bricht das Schneechaos aus und ich sitze in diesem Augenblick barfuß unter Palmen und schlürfe meinen ersten Kaffee des Tages. Und wieder einmal verdanke ich es den Social Networking Plattformen, das ich tief in den amerikanischen Alltag einbrechen darf.

Stig Sneddon, Lebenskünstler aus einer 600 Seelen Gemeinde in Nebraska, hat uns nach Florida eingeladen, wo wir zusammen im Haus seiner Freundin wohnen. Stig fiel mir vor zwei Jahren auf MySpace auf, seine Songs interessierten und seine YouTube Videos faszinierten mich. Ich fragte Stig, ob ich nicht einen Song von ihm remixen könnte, tat dies und lud ihn darauf hin ein, einen Vocal Part auf unserer Stuntcat Platte zu übernehmen.
Per Filesharing fügte ich seine Takes in den Song "Charles David Nutlicker III"ein und wir hatten dabei in gefühlten tausend Mails eine Menge Spaß. Hier reifte auch die Idee, sich irgendwann einmal zu treffen. Genauso wie zuvor mit dem New Yorker Künstler NNMaddox, mit dem ich ein ganzes Album aufnahm, bevor wir uns kennenlernen durften, oder Micah Carlson und Shon Lawhon aus Los Angeles, die meine damalige Band zu einer dreiwöchigen US Tour einluden, bis wir uns schließlich am LAX zum ersten Mal in die Arme fielen, haben auch hier wieder einmal die Social Networking Plattformen einen simplen Gedanken zur Relalität reifen lassen.
Natürlich stehen immer außergewöhnliche Menschen dahinter, die aus einere bloßen Idee ein unvergessliches Erlebnis machen. Aber den Zugriff auf solche Plattformen jederzeit zu besitzen, das ist ein kostbares Gut unserer Zeit. Es geht um nicht weniger als die völlige Auflösung aller politischen und geografischen Grenzen, und eben nicht nur um bloßen Exhibitionismus und stumpfsinnige Selbstdarstellung, wie so oft behauptet wird.
Zum Glück stecken eben doch Menschen hinter den Millionen Profilbildern, Personen, die keineswegs "fake"sind und selbstverliebt ihre Außenwelt beeindrucken wollen, wie man es so einfach und gerne nachsagt. Ein echter Mensch läßt sich eben nicht in 6 Bildern ein 3 Sätzen zusammenfassen, dazu ist dieses Leben viel zu kompliziert. Einfach mal beim virtuellen Nachbarn anklopfen und Hallo sagen. Wie im echten Leben auch. Und plötzlich sitzt man Weihnachten auf der anderen Seite der Erde unter Palmen, mit den Füßen im Sand und dem Netbook auf den Knien. Bereit, das nächste Profil zu durchstöbern.


Mein MySpace Freund Stig Sneddon und ich, Florida 2010.