Samstag, 15. September 2012

Im Glanz der Sonne - Chan Marshall setzt für Cat Power neue Maßstäbe


Als der britsche Guardian in seiner Onlineausgabe das neue Cat Power Album "Sun" eine Woche vor VÖ als Stream ins Netz stellte, einzig mit der Bitte, die Fans sollten die Neuerscheinung kommentieren, war ich erstaunt, wie viel negative Energie sich über dem Gehörten entlud. Chan Marshall sollte doch bitte wieder zurück zum Blues, zurück zu den wunderschönen Melodien von The Greatest und zurück zu den gebrochenen Selbstzweifeln, die sie so verwundbar erscheinen ließen. Ob Chan Marshall wohl mittlerweile so zerstört sei, daß sie einen Vocoder benutzen müsse, wurde da als Frage in den virtuellen Raum geworfen. Liebe Chan Marshall Fans,
wenn im Background einer Produktion ein Vocoder zu hören ist, dann weil die Produzentin es so will. Wie kommt ihr eigentlich auf die Idee, eine so großartige Künstlerin, der ihr seid mittlerweile 15 Jahren folgt, so dermaßen zu demontieren? Was in aller Welt fällt euch ein, von einem Künstler den Stillstand zu fordern? Wie kann man es wagen, einer Chan Marshall zu sagen, sie solle doch bitte wieder die Musik machen, die sie vor mehr als sechs Jahren gemacht hat? Manchmal sollte man dem Volk lieber nicht die Möglichkeit geben, mit dem Künstler in direkten Kontakt zu treten, zu enttäuschend sind die sekundenschnellen Reaktionen, die eine mehrmonatige Höchstleistung mit einem Klick zunichte machen können.

Auf Sun hören wir eine Chan Marshall, die ausbrechen will aus dem Memphis Blues Gewand und den Spider Guitar Klängen, die die zerbrechliche Musikerin so lange getragen haben. Cat Power ist erwachsen geworden, sie ist selbstbewußt  und auf der Höhe der Zeit. Und so schrieb und produzierte Chan Marshall im Alleingang ein glasklares Indiepop Album, auf dem Synthesizer Arpeggios und experimentelle Beats, die teilweise an die trendsetzenden Alben von Bowie erinnern, ihrer unverkennbaren und einzigartigen Stimme ein ganz neues Fundament bieten. Wenn beim Opener "Cherokee" erst Marshalls Stimme und dann die wummernden Beats einsetzen, begreift man, das man es mit etwas ganz Großem zu tun hat. Dieses Gefühl reißt Gott sei Dank bei keinem der folgenden Stücke ab sondern steigert sich über das wunderbare Stück "3,6,9" bis zu dem 11 Minuten Duett "Nothing but time", welches mit Gastknötterer Iggy Pop eingesungen wurde. Genoss man Cat Power früher bei Kerzenlicht in einem dunklen Keller, schwebt man nun mit Mrs. Marshall über riesige Weiten und Landschaften voller Emotionen. Die Sonne ist aufgegangen für Cat Power, und das Licht tut ihr gut. Wir nennen es locker das Album des Jahres.