Donnerstag, 27. September 2012

Europa knüppelt sich durch die Krise

Es brodelt in Europa. 
Was als utopische Idee einer friedvollen und wirtschaftlich starken Union auf der Bühne des Weltgeschehens begann, zerfällt langsam in ein apokalyptisches Horrorszenario. Schon längst verlaufen die Grenzen Europas nicht mehr von West nach Ost. Viel mehr bildet sich eine stetig wachsende Grenze zwischen reich und arm. Länder, deren Regierungen scheinbar machtlos den Auflagen zur Rettung ihres Haushaltes ausgeliefert erscheinen, belasten die Masse ihrer (noch) arbeitenden Bevölkerung mit immer höheren Steuern und Abgaben, gekoppelt an immense Kürzungen im sozialen und kulturellen Bereich. Das alte Spiel beginnt auf der Bühne Europas nun von Neuem, nachdem es unter anderem in Südamerika viele Male aufgeführt wurde.

Das Volk protestiert gegen extreme Einschnitte und drohende Verarmung - und das völlig zu Recht. Immer wieder werden Occupy Bewegungen und Demonstrationen, wie jüngst in Madrid, von den Medien als vereinzelte Aktionen radikaler Gruppierungen zugeordnet. Dabei sind es längst die treuen und konservativen Bürger selbst, die als Indignados, als Empörte, durch die Straße ziehen und nicht nur ein Mob von Kapuzen tragenden Jugendlichen. Spaniens Arbeitslosigkeit ist Berichten zufolge zur Zeit die höchste der Welt. Jeder zweite unter 40 Jahren hat keine Perspektive auf einen Job, trotz hoher Ausbildung und Qualifikation. Fehlende soziale Auffangnetze pushen die Armut des Landes im Sekundentakt. Zur Rettung des Landes wurde die Mehrwertsteuer erhöht, eine Ökosteuer soll folgen. Das beunruhigt längst nicht mehr nur die ewigen Staatshasser aus den extremen Lagern. In Madrid zogen am 25. September deshalb 6000 Menschen gegen die Sparmaßnahmen durch die Straßen, ebenso gab es Demonstrationen in Barcelona, Rom, Bologna und vielen weiteren südeuropäischen Städten, von den unkontrollierbaren Ausbrüchen in Griechenland gar nicht zu reden.


Wahllos schlagen Polizeieinheiten auf friedliche Staatsbürger ein

Die Politik reagiert und schickt ihre Instrumente aus, um die Menschen zu beruhigen. Leider greifen diese zu den völlig falschen Mitteln. Durch alle Großstädte Südeuropas knüppeln Polizeieinheiten die öffentliche Ordnung wieder her. Dass dies der falsche Weg zur Deeskalation ist, begreift selbst das kleinste Licht im Leuchter. Medien wie der FOCUS sprechen immer wieder von friedlichen Demonstrationen, bei denen es zu vereinzelten Ausschreitungen Radikaler kommt. Die New York Times und CNN sehen das etwas anders und die uns von der spanischen Straße zugespielten Videos zeigen tatsächlich eine ganz andere Realität. Wahllos schlagen Polizisten auf friedlich demonstrierende Bürger ein und machen immer wieder regelrecht Jagd auf sie. Das Ziel ist klar: Einschüchterung. Im Iran greift man gern zu härteren Methoden und schickt Schlägertrupps in Massengefängniszellen, in denen die Demonstranten zu Hunderten zusammengepfercht im Dunkeln sitzen. Aber die Bilder, die diese Videos hier zeigen, sind nicht aus dem Iran, sie sind aus Spanien, dem Lieblingsurlaubsland der Deutschen. Wir sehen auch keine mit Kapuzen behangenen Radikalgruppierungen. Wir sehen empörte Staatsbürger aus den großen Metropolen unserer direkten Nachbarschaft. Der Kampf um das Überleben Europas hat längst in seinem Inneren begonnen. Das macht es nach außen schwach.


Videochronik der Proteste in Madrid, 25. September 2012